Offener Brief zum weiteren Vorgehen Ansiedlung Carbonex
Veröffentlicht am 10.06.2020Die Bürgerinitiative Kein Wald für Kohle hat dem Bürgermeister Volker Diefenbach einen Offenen Brief zum weiteren Vorgehen der Gemeinde Heidenrod bzgl. der Ansiedlung der Grillkohle-Fabrik Carbonex gestellt.
Seine Antworten sind in roter Schrift-Farbe unterhalb der Fragen veröffentlicht. Unsere Kommentare in grüner Schrift-Farbe.
Sehr geehrter Herr Diefenbach,
wir möchten uns als Initiative Heidenroder BürgerInnen vorstellen. Wir wollen die geplante Ansiedlung der Grillkohlefabrik durch eigene Recherchen und sachliche Diskussion verhindern. Gegen das Projekt wurden schon mehr als 1.600 Unterschriften gesammelt.
Mehr dazu finden Sie auf unserer Homepage https://kein-wald-fuer-kohle.de/.
Sie hatten in der Presse Transparenz zugesagt, deshalb schreiben wir Ihnen diesen Offenen Brief. Als mündige BürgerInnen vermissen wir Information zum weiteren Vorgehen der Gemeinde Heidenrod. Bitte erläutern Sie die vorgesehenen Verfahrensschritte vollständig.
Hilfsweise haben wir folgende Fragen zusammengetragen:
1. Erwarten Sie im Juni Vertreter der Firma Carbonex in Heidenrod?
Wenn ja, wann genau und mit welcher Tagesordnung?
Ja, zu der Bauausschusssitzung am 17. Juni 2020, mit der auf der Homepage der Gemeinde veröffentlichten und im TIP und Presse bekannt gemachten Tagesordnung.
TOP I.2 “Bebauungsplan Hupperter Pfingstweide / Fa. Carbonex; Aufstellungsbeschluss, – Konzeptvorstellung der Fa. Carbonex”
Wir sind gespannt, ob im Rahmen der Bau-Ausschuss-Sitzung ein Dialog mit den Vertretern von Carbonex möglich sein wird. Eigens auf französisch übersetzte Briefe der Bürgerinitiativen an die Holzkohlefabrikanten wurden nicht beantwortet.
Auf dem Gelände machen Holzschredder, Siloventilatoren und Dampfturbinen ordentlich Krach. Zum aktuellen Besuch der Heidenroder Delegation bei Carbonex in Frankreich war es ungewöhnlich still: Die lauten Maschinen waren “leider” gerade abgestellt! So ein Zufall aber auch.
Das ist extrem unglaubwürdig und lässt vermuten, dass von dieser Firma besonders wenig Transparenz zu erwarten ist.
2. Werden oder sind bereits Vereinbarungen zur Ansiedlung vorbereitet, die von Carbonex unterzeichnet werden?
Nein, das ist im jetzigen Verfahrensstand noch nicht möglich bzw. notwendig.
Das stimmt so nicht, denn der am 26. Juni angestrebte “Aufstellungsbeschluss” zieht erhebliche Kosten nach sich. Er bedeutet, daß bereits Planungsbüros und Gutachter beauftragt werden.
Diese Kosten betragen leicht mehrere Zehntausend Euro. Das ist von der Gemeinde zu bezahlen. Ein Risiko, falls dann doch nicht gebaut wird. Oder bezahlt erstmal Carbonex? Das müsste dann durchaus vorab schriftlich vereinbart werden!
3. Wann und von wem wird über einen Aufstellungsbeschluss für Grillkohlefabrik entschieden?
Wenn dem zugestimmt wird, greifen Sie damit nicht dem Bürgerentscheid vor?
Ein Aufstellungsbeschluss über das eventuelle Plangebiet “Pfingstweide Huppert/Carbonex” wird im Bauausschuss am 17.6.20 beraten und (d)er Gemeindevertretung eine Beschlussempfehlung gegeben, entschieden wird über den evt. Aufstellungsbeschluss am 26.6.20 von der Gemeindevertretung,
Dem Bürgerentscheid wird nicht vorgegriffen, da mit einem Aufstellungsbeschluss Untersuchungen und Bearbeitungen beginnen können, aber keine Fakten geschaffen werden, noch dazu würde ein entsprechendes Votum des Bürgerentscheids den Planungsvorgang stoppen, den Aufstellungsbeschluss aufheben.
Doch, durch den Aufstellungsbeschluss werden Fakten geschaffen – siehe Frage 2 -
Die Annahme, dass Gutachten neutral sind oder zur Wahrheitsfindung dienen, ist weltfremd. Fakt ist, dass beauftragte Gutachten in erster Linie den Auftraggebern dienen, die sie bezahlen. Dabei muss nicht mal gelogen werden. Häufig reicht es schon, die ein oder andere Tatsache stärker oder schwächer zu gewichten, um das gewünschte Ergebnis zu bekommen.
Ohne Not wird viel Geld ausgegeben, bevor die Bürger abgestimmt haben. Auch die Kosten für die Planungsbüros werden letztlich ein Druckmittel sein: Seht nur, was das schon gekostet hat – soll das umsonst gewesen sein?
4. Wenn der Aufstellungsbeschluss gefasst wird, wann werden Planungsbüros und Gutachten für das Projekt beauftragt?
Welche Kosten sind dafür zu erwarten und wer trägt sie?
Das ist derzeit noch nicht absehbar, zunächst werden die Träger öffentlicher Belange im Rahmen der baugesetzlichen Vorschriften eingebunden um den Untersuchungsumfang zu definieren.
Der Aufstellungsbeschluss und die daraus folgenden “Untersuchungen” haben nur ein Ziel. Diese Fabrik soll gebaut werden – und zwar möglichst bald. Es werden in bewährter Weise Fakten erzeugt, um die Ansiedlung durchzubringen.
5. Wann und von wem wird entschieden, ob ein Bürgerentscheid stattfindet?
Wer formuliert die Fragestellung zum Bürgerentscheid?
Wie hoch sind die Kosten für den Bürgerentscheid und wer trägt sie?
Ob und wann ein Bürgerentscheid stattfindet wird ebenfalls von der Gemeindevertretung am 26.6.2020 entschieden.
Die Fragestellung wird von den Fraktionen der Gemeindevertretung entwickelt und formuliert, wobei der Bürgermeister auf bitten dieser unterstützt Und die entsprechende Vorlage einbringt.
Ein einfacher Wahlgang in Heidenrod verursacht ca 3.000,- bis 4.500 € an Kosten, die von der Gemeinde zu tragen sind.
Es ist undemokratisch, mit den Planungen zu beginnen, bevor sich die Bevölkerung ein abschließendes Bild machen konnte. Ein transparentes, demokratisches Verfahren sieht anders aus!
Nach unseren Recherchen formuliert der Bürgermeister die Frage des Bürgerentscheids weitgehend allein.
6. Sie hatten für Ende April die Ergebnisse des Umweltgutachtens im Hupperter Wald angekündigt.
Liegen diese bereits vor? Wenn ja, wird es Einschränkungen oder Auflagen für das Bauvorhaben geben?
Es liegen bisher keine schriftlichen Ergebnisse vor, nur mündlich und noch nicht formell belastbar die fachlich, gutachtliche Einschätzung, dass es zu keinen Einschränkungen kommen braucht.
Diese Antwort ist missverständlich. Für wen “braucht es nicht zu Einschränkungen zu kommen”? Für die Fabrik? Oder für die Tiere des Waldes, die dort ihren angestammten Lebensraum verlieren könnten?